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Vehikel

Ich gestehe, ich bin eine SUV-Fahrerin. Denn mein Vehikel ist sportlich und von großem Nutzen. Dabei denke ich selbstverständlich nur an mich. Freiheit heißt das. Unabhängig von sogenannten Fahrplänen und handfestem Gedränge. Ganz für mich will ich sein und schweigsam. Kein „bitte kann ich durch“ und „vielen Dank“ am frühen Morgen. Nicht beim schweren Abschied von der Nachtruhe schon der üble Gestank von wir-sind-schön-Douglas und das harte Aroma aus kalten Küchen. Mein Parfum heißt „Egoïste“ und ist Pflicht. Mit ein wenig Tabak in der Zweitnote.

 

Von guten Menschen und ihren Taten lese ich gerne. Das gebe ich zu. Aber Mutter Theresa wäre vor lauter Nachsicht nie und nimmer pünktlich und gesund mit dem Rad zur Arbeit erschienen. Das Fahrrad ist nur bei wohl dosierter Rücksichtslosigkeit ein sinnvolles Verkehrsmittel. Zumindest beim derzeitigen Stand städtischer Verkehrsplanung. Das sehen Autofahrer wahrscheinlich genauso. Mit dem Unterschied, dass man für den Freiheitsdrang der Formel2-Piloten den halben Gebäudebestand in Köln abreißen müsste.

 

Umwelt, Gesundheit und Allgemeinwohl interessieren mich jedenfalls nicht. Das führe ich nur ins Feld, wenn mir einer blöd kommt. Oder zu nah. Wie die motorisierten Genossen auf MEINEM Radweg. Dann ist Schluss mit lustig unter uns Ego-Kumpels. „Verdammt eng“ schimpfen die Tanten mit Douglas und die Onkels ohne Harley. Und nur ich darf mich gut fühlen dabei. Kein Helm, aber total im Recht.

 

Nur gut, dass ich mich weiterbilde mit Brigitte und Psychologie heute. Da habe ich gelesen, dass der Mensch an und für sich Nähe und Abschottung sucht. Gleichzeitig. Der verzweifelte Städter fährt demnach alleine in seinem SUV herum, um gefahrlos mit uns Fahrradfahrern zu kuscheln.

 

Seit ich das weiß, fährt sich´s leichter. Außerdem habe ich mir Kopfhörer gekauft. Ein bisschen Abstand zur Welt brauch´ ich auch. Keine Handzeichen mehr, das Licht am Rad abgeschraubt. Wenn es irgend geht, trinke ich jetzt Kaffee beim Fahrradfahren, buche Ferienwohnungen und spiele Lotto. Mit dem Regenschirm hapert es noch. Vielleicht klappt es aber doch irgendwann mit einer Karambolage. Notfalls fahre ich einfach einen Fußgänger um.

 

Foto: pexels Cristiana Raluca

 

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Cläre (Mittwoch, 23 Januar 2019 22:17)

    Herrlich!

  • #2

    Bettina Speth (Mittwoch, 30 Januar 2019 08:24)

    Sehr wahr und lustig!!