Seitenbacher

So sieht sie also aus, die globale Katastrophe. Man sitzt am Küchentisch und macht was am Computer. Die Bedrohung geht unter im verklebten Spül, ist versteckt in Bügelbergen. Auf dem dicken Sitzkissen mit Blümchenmuster kann ich kaum glauben, dass da draußen was Schlimmes passiert. Sachen für die Geschichtsbücher sogar, wenn irgendwann alle Daten aufgelesen und sortiert und alle Toten begraben sind.

In der heimischen Küche ist die Vorstellung von bösen Dingen sowieso schwierig, finde ich. Der Ort, wo es warme Suppe gibt. Schön behütet sind wir da und an Weihnachten wird gesungen. Wie im Märchen. Außer, die Gefahr sitzt mit am Herd. Dann ist die Küche die Hölle. Und Brüderchen und Schwesterchen fliehen in den Wald. Wieso gewalttätige Männer bei den Grimms immer als Hexen und Schwiegermütter daherkommen, ist mir ein Rätsel. Hatten vielleicht ein Gender-Problem.

Weil mir das alles nicht in den Kopf will, sehe ich mir ständig Zahlenkolonnen an zum Beweis. USA zweitausend mehr, Italien Gottseidank besser, was ist eigentlich mit Russland? Das erinnert mich an den European Song Contest. Ich kann ja auch nichts dafür. Deutschland hat im Moment 10 Points bei den Toten. Relativ wenig im Vergleich zur Zahl der Infizierten. Manchmal sind wir doch ein wenig toll, auch wenn’s nur um Intensivbetten geht. Das ist ein gutes Gefühl.

Vertrauen ist wichtig, wenn’s rummst. Wie damals auf der Eckbank, als die Füße noch gar nicht unter den Tisch reichten. Dies und das war blöd, aber zu essen gab’s immer und Klopapier auch.

Nicht, dass mir Merkel und Söder in verblichenem Beige gerahmt überm Sofa gefallen würden. Mit Onkel Olaf schmunzelnd im Hintergrund. Aber Donald Rattenfänger auf keinen Fall. Vielleicht hatten seine Wähler nicht genug Pommes und Cola daheim. Wenn sich nie einer kümmert, kommt man womöglich schnell auf die Idee, sich das zehnte Gewehr zu besorgen.

Und man wählt einen Irren, für den Waffenkauf der Gipfel der Freiheit ist. Dabei gibt er den „Seitenbacher“. Sagt einfach immer nur Seitenbacher, Seitenbacher, Seitenbacher, Seitenbacher, Seitenb… Egal was ist. Oder auf Trump‘sch: Ich bin super und schuld sind die anderen. Marketing hat er drauf. Deshalb wird er bestimmt wiedergewählt, der Seitenbacher.

Foto Susanne: Wohnung Tallinn